Vererben in Patchworkfamilien – Klare Regelungen für komplexe Familienstrukturen

Samantha Gerlach

Die moderne Familienrealität unterscheidet sich heute deutlich von der klassischen Vorstellung der „Kernfamilie“. Immer mehr Menschen leben in sogenannten Patchworkfamilien – also in Konstellationen, in denen Partner Kinder aus früheren Beziehungen mitbringen oder gemeinsame und nicht-gemeinsame Kinder miteinander aufwachsen. Was im Alltag gut funktionieren kann, wirft im Erbfall häufig komplexe rechtliche Fragen auf.

Ohne klare Regelungen drohen nicht nur Streitigkeiten unter Erben, sondern auch ungewollte Benachteiligungen einzelner Familienmitglieder. Eine notarielle Beratung und Gestaltung des Nachlasses ist daher für Patchworkfamilien besonders wichtig.

1. Die gesetzliche Erbfolge – oft nicht im Sinne der Patchworkfamilie

Das deutsche Erbrecht (§ 1924 ff. BGB) orientiert sich an einer klaren biologischen Linie: Nur leibliche oder adoptierte Kinder sind gesetzliche Erben. Stiefkinder bleiben ohne rechtliche Gleichstellung (Adoption) im Erbfall außen vor – selbst wenn sie jahrelang im gemeinsamen Haushalt gelebt haben.

Beispiel:
Ein verwitweter Vater lebt mit seiner neuen Partnerin und deren Tochter zusammen. Stirbt er ohne Testament, erben ausschließlich seine eigenen Kinder. Die Stieftochter, die ihn womöglich als Vaterfigur erlebt hat, geht leer aus – auch die Lebensgefährtin erhält keinen gesetzlichen Erbteil, sofern keine Ehe besteht.

👉 Fazit: Die gesetzliche Erbfolge entspricht in Patchworkfamilien häufig nicht den tatsächlichen familiären Bindungen.

2. Testament oder Erbvertrag – individuelle Gestaltung ist möglich

Wer seine Patchworkfamilie absichern will, kommt um ein Testament oder einen Erbvertrag nicht herum. Diese ermöglichen es, auch Stiefkinder, den neuen Ehepartner oder Lebensgefährten zu berücksichtigen – unabhängig von der gesetzlichen Erbfolge.

Insbesondere folgende Instrumente sind sinnvoll:

  • Berliner Testament: Ehepartner setzen sich gegenseitig als Alleinerben ein; Kinder erben erst nach dem Tod des Letztversterbenden. In Patchworkfamilien kann dies jedoch zu Problemen führen, wenn nur ein Teil der Kinder berücksichtigt wird. Hier ist besondere Vorsicht geboten.
  • Vermächtnisse: Auch Personen, die nicht Erben werden sollen, können durch ein Vermächtnis bedacht werden – z. B. durch einen Geldbetrag, ein Haus oder bestimmte Gegenstände.
  • Pflichtteilsregelung: Leibliche Kinder haben einen Pflichtteilsanspruch, wenn sie im Testament nicht als Erben genannt sind. Dieser beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils (§ 2303 BGB).

👉 Tipp: Lassen Sie sich notariell beraten, wie Sie Pflichtteilsansprüche gestalten oder gegebenenfalls pflichtteilsreduzierende Maßnahmen (z. B. Schenkungen zu Lebzeiten) nutzen können.

3. Die notarielle Gestaltung – für Rechtssicherheit und Familienfrieden

Gerade bei komplexen Familienverhältnissen schafft die notarielle Gestaltung des letzten Willens Rechtssicherheit. Ihre Notarin hilft, individuelle Lösungen zu entwickeln, rechtliche Risiken zu vermeiden und alle Beteiligten transparent und fair zu berücksichtigen.

Ein notarielles Testament oder ein Erbvertrag benötigt keinen Erbschein, was im Erbfall Zeit und Kosten spart.

Fazit

Patchworkfamilien brauchen individuelle Lösungen beim Vererben. Wer möchte, dass alle wichtigen Menschen im eigenen Leben auch im Erbfall berücksichtigt werden, sollte frühzeitig handeln. Eine rechtssichere, durchdachte Nachlassregelung schützt nicht nur die eigene Familie, sondern beugt auch Streit und emotionalen Belastungen vor. Ihre Notarin steht Ihnen dabei beratend und gestaltend zur Seite.

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